09. November 2021 in der Neuen Synagoge in Bingen

Statement des Vereins „Demokratie schützen – Grundgesetz achten“ zur Gedenkveranstaltung am 09. November 2021 in der Neuen Synagoge in Bingen

Der Vorsitzende Dr. Ralf Kohl mit einem Statement „Antisemitismus heute“

Am 09. November erinnern wir an die Reichsprogromnacht von 1938 und an die von den Nazis millionenhaft und industriell organisierten Massenmorde an jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern. Die 115 Stolpersteine in unserer Heimatstadt erinnern an die Deportation und Ermordung von rund 150 jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern aus Bingen während des 2. Weltkriegs. Ihre Leben wurden grausam ausgelöscht.

Der Verein „Demokratie schützen – Grundgesetz achten“ setzt sich für das Grundgesetz, für unsere freiheitliche-demokratische Grundordnung und für ein friedliches Zusammenleben der Kulturen und Religionen in Deutschland ein. So etwas wie der Holocaust darf sich nie mehr wiederholen! Alle Menschen, alle Religionen und alle Völker stehen gleichberechtigt auf einer Stufe. Und für unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger haben wir auf Grund unserer Geschichte eine besondere Verantwortung.

Doch Antisemitismus ist immer noch stark verbreitet und nimmt leider auch in Deutschland wieder deutlich zu. Jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger werden wieder verstärkt Opfer von Angriffen, Verunglimpfungen und Beleidigungen. Die Mordattentate von Halle im Jahr 2019 und der Angriff auf die dortige Synagoge sind in uns noch alle in Erinnerung. Aber auch anderenorts werden Synagogen angegriffen oder verunstaltet. Auch anderenorts werden jüdische Mitbürger angegriffen oder diskriminiert, z.B. wenn sie auf der Straße eine Kippa oder einen Davidstern tragen. 2020 wurden insgesamt 2.350 antisemitische Straftaten in Deutschland verübt – zu über 90% von Rechtsextremen. Tendenz steigend. Und es fällt auf, dass der Antisemitismus sich immer mehr in der Mitte unserer Gesellschaft breit macht – am Stammtisch, auf den Schulhöfen, am Arbeitsplatz. Dies dürfen wir nicht kommentarlos hinnehmen. Hier ist von uns allen Zivilcourage und eine klare Haltung gefragt!

„Wer unsere jüdischen Mitbürger angreift, greift auch unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung an“. Diesen Satz sagte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und gegen Antisemitismus, Dr. Felix Klein, vor kurzem hier in Bingen. Diesem Satz ist nichts hinzuzufügen.

Denn ein Angriff auf jüdische Mitbürger ist ein Angriff auf unser Wertesystem! Unser Verein „Demokratie schützen – Grundgesetz achten“ bezieht hier eindeutig Stellung. Mit Wegducken und SA-Aufmärschen hat der Aufstieg der Nazis vor 100 Jahren in Deutschland begonnen. Jetzt dürfen wir uns nicht mehr wegducken. Wir wollen deshalb heute und in Zukunft ein Zeichen setzen für Völkerverständigung, für unsere Demokratie und für das friedliche und gleichberechtigte Zusammenleben der Religionen und Kulturen.

Dr. Ralf Kohl

Initiative aus dem Raum Bingen-Mainz gründet den Verein „Demokratie schützen – Grundgesetz achten“

Eigentlich sollte die Gründungsversammlung schon Anfang 2021 stattfinden. Doch bedingt durch die Corona-Pandemie konnte der Initiator und Urheber Dr. Ralf Kohl aus Bingen sein Gründerteam erst für Mitte Juni 2021 einladen, obwohl alle aus dem Raum Bingen-Mainz-Wiesbaden kommen. „In Videokonferenzen haben wir während des Lockdowns alles vorbereitet: Erst die Ziele, dann die Strategie, die Satzung und schließlich das Logo und die Internetseite. Viele kreative Geister haben hier zusammengewirkt. Durch die niedrigen Inzidenzzahlen und den Impffortschritt war dann Mitte Juni 2021 ein corona-gerechtes Treffen mit Abstand im Außenbereich möglich“, so der Unternehmer und Politologe, der in der Gründungsversammlung einstimmig zum Vorsitzenden des neuen Vereins gewählt wurde.

Die Eintragung in das Vereinsregister wird der Verein nun zeitnah beantragen. „Wir sind gemeinnützig tätig und uns allen geht es um ein wichtiges Ziel. Wir setzen uns aktiv für unsere Parlamentarische Demokratie ein. Denn leider wird diese zunehmend von Rechtsextremisten und Demokratiegegnern bedroht und attackiert. Dagegen wollen wir ein Zeichen setzen. Die Basis für unsere Arbeit ist das Grundgesetz und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Beides wollen wir dauerhaft festhalten. Das Grundgesetz hat großen Anteil daran, dass wir inzwischen mehr als 70 Jahre Frieden in Europa haben“, ist sich Dr. Ralf Kohl sicher.

„Die Umsetzung unserer Strategie konzentriert sich auf den kommunikativen Bereich und hier vorrangig auf Soziale Netzwerke“, führt der Stellvertretende Vorsitzende Christoph Schulte aus. „Wir werden diese Kanäle nutzen, um Gesicht zu zeigen und so den Zusammenhalt und die Demokratie in unserem Land zu fördern.

Beispielsweise werden wir klar gegen Hass-Parolen und gegen Fake-News im Netz Stellung beziehen. Gleichzeitig wollen wir aber auch dazu beitragen, wichtige politische Fragestellungen für die Menschen sachlich-korrekt und verständlich zu erklären. Damit möchten wir indirekt auch die Arbeit unserer gewählten Volksver-treterinnen und Volksvertreter im Bund, in den Ländern und in den Kommunen unterstützen. Denn: Immer wieder erleben sie offenen Anfeindungen und Drohungen von Demokratie-Gegnern.“

Der neugegründete Verein versteht sich als „demokratische Bürgerbewegung“. Einige Vorstandsmitglieder sind Mitglied einer politischen Partei. „Wir sind aber als Verein parteipolitisch neutral. Keine Partei wird von uns bevorzugt oder benachteiligt. Und klar ist auch: Von Links- und Rechtsextremisten, von Populisten, Reichsbürgern und Verschwörungstheoretikern grenzen wir uns konsequent ab. Mit der AfD wollen wir nichts zu tun haben“, sagt Vanessa Möbus, die ebenfalls frisch gewählte Vize-Chefin im Vorstand ist und die sich für die „Freien Wähler“ in den Ausschüssen der Stadt Bingen für ihre Heimatstadt engagiert. Schatzmeisterin Marion Pohl aus Niederheimbach war ebenfalls über die „Freien Wähler“ insgesamt 10 Jahre lang Beigeordnete in der Rheintalgemeinde.

Im Gründerkreis befindet sich auch die Mainzer CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich und die Kreisbeigeordnete des Landkreises Mainz-Bingen, Ursula Hartmann-Graham (Bündnis 90/Die Grünen). Ebenso zählen der Unternehmer Oliver Wimmers und der Ärztliche Direktor des Heilig-Geist-Hospitals in Bingen, Dr. Jan-Peter Linke, zu den 11 Gründungsmitgliedern. FDP-Stadtrat Carsten Schröder aus Bingen, das langjährige SPD-Mitglied Alfred Schiefer sowie die Studentin und Junge Union-Aktive Aycan Kilic komplettieren das Team. „Ich bin sehr froh, dass gelungen ist, 11 gestandene Persönlichkeiten als Gründerinnen und Gründer zu gewinnen. Wir treten mit unseren Namen für die Demokratie und das Grundgesetz ein. Beides ist auf Dauer nicht selbstverständlich, wenn wir nichts dafür tun“, so Christoph Schulte.

Die Arbeit des Vereins wird erst nach der Bundestagswahl so richtig beginnen. Als überparteilicher Verein will man sich hier bewusst zurückhalten. Vorsitzender Dr. Ralf Kohl bringt die Ausrichtung des Vereins auf den Punkt: „Überspitzt formuliert arbeiten wir für die Bundestagswahl 2029. Wenn dann noch die demokratischen Parteien in der Mitte maßgeblich die Geschicke unseres Landes bestimmen und wir mit rund 85 Millionen Menschen aus einer Vielzahl an Nationen, Religionen und Kulturen weiter friedlich hier in Deutschland zusammenleben, dann haben alle Demokratinnen und Demokraten, und sicher auch unser Verein, einen guten Job gemacht“.